Intime Nähe – Inseln für uns als Paar
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Intime Nähe – Inseln für uns als Paar

Intime Nähe – Inseln für uns als Paar

Serie: 7 Aspekte für dein nächstes Beziehungslevel

„Wenn immer die Zeit füreinander fehlt, geht die Intimität verloren.“ [Jesper Juul]

Bevor ihr den Input lest, schaut euch dieses Paper an und beantwortet jede*r für sich die einzelnen Fragen. Anschließend könnt ihr dann gemeinsam den Input lesen.

Was ist überhaupt Intimität? Laut Hans Jellouschek bedeutet dies die umfassende, persönliche Nähe die zwei Menschen erfahren: auf körperlicher, emotionaler und mentaler Ebene.

  • Die körperliche Intimität fängt beim Nebeneinandersitzen an und steigert sich über Blickkontakt, Körperkontakt bis hin zum Sex. Soweit klar.
  • Die emotionale Intimität lässt sich am besten mit einem Gefühl der Nähe beschreiben: „Ich fühle mich wohl bei dir.“ und „Bei dir kann ich mich öffnen und auch verletzlich zeigen.“
  • Bei der mentalen Intimität ist gemeint, durch z.B tiefgründige Fragen einen Raum für Gespräche zu öffnen: Was willst du unbedingt tun, bevor du stirbst?Wie hast du dich in den letzten 5 Jahren verändert?…

Heutzutage scheint es wie selbstverständlich zu sein, dass man sich die höchste Vertrautheit zwischen zwei Menschen in der Paarbeziehung wünscht. Dies ist geschichtlich und kulturell allerdings neu und stellt eher eine Ausnahme dar. Zu anderen Zeiten und auch heute noch, in anderen Kulturen, hat die Nähe zur eigenen Verwandtschaft oder zu Freund*innen einen höheren Stellenwert. Weniger Vertrautheit in der Paarbeziehung wird dabei nicht als störend oder negativ empfunden.

Dieses hohe Ideal kann die Beziehung aber leicht überfordern und es ist für uns heute wichtig, uns dessen bewusst zu sein und gegebenenfalls dagegen zu steuern. Für mehr Balance in dieser Hinsicht kann ein Netzwerk aus tiefen Beziehungen zu anderen Menschen sorgen, sodass nicht alles in die Paarbeziehung projiziert wird.

Außerdem bleibt die Intimität nicht von selbst erhalten. Wir müssen etwas dafür tun, dass sie nicht verloren geht. Ein umfassende Intimität kann auch erst entstehen, wenn wir die/den Andere*n tiefer und umfassender kennenlernen. Schafft man es dies über Jahre hinweg zu pflegen, dann birgt sich dort ein großer Schatz.

Leider gibt es aber einige Hindernisse, die die Intimität erschweren. Was für Hindernisse dies sein können, wie Räume für Intimität geschaffen werden können und wie wichtig auch Zeit für sexuelle Intimität ist, erfahrt ihr im weiteren Text.

♡ Hindernisse

Was hindert uns eigentlich daran, intim miteinander zu sein? Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum Einen ist unser Leben äußerst komplex geworden: Unsere Berufe verlangen viel Einsatz und unbegrenzte Flexibilität. Die Arbeitgeber*innen erwarten den immer verfügbaren Single oder den Mann mit Kindern, dessen Frau ihm den Rücken frei hält. Da dies (zum Glück) immer weniger der Fall ist, verlangt unser Alltag mehr Absprachen und die Intimität rückt in den Hintergrund.

Außerdem füllen eigene Kinder die Zeit des Paares aus, man verliert sich mehr und mehr aus dem Blick, vor allem wenn ganz traditionell der Vater arbeiten geht und die Mutter zuhause bleibt: so hat das Paar stark unterschiedliche Lebenswelten. Man funktioniert nur noch als gut kooperierendes Arbeitsteam. Das allein ist auch schon eine sehr gute Leistung, aber existieren sie noch als Paar?

Als Elternpaar steht man zum anderen in der Gefahr, dass der Mann in der Frau nur noch die Mutter und die Frau im Mann nur noch den Vater ihrer Kinder sieht und sie sich womöglich auch noch dementsprechend ansprechen.  Die Frage hierbei ist, ob diese Intimität noch ausreicht für das, was sich die beiden als Mann und Frau voneinander wünschen? Denn oft driftet man dabei unbemerkt als Paar immer weiter auseinander.

Ein weiteres Hindernis ist, dass der Alltag für einen fortschreitenden Prozess der Gewöhnung sorgt. Die bzw. der Partner*in gehört wie selbstverständlich zum eigenen Leben dazu, man nimmt ihn/sie nicht mehr als eigenständige Person wahr und der /die andere wird immer mehr zum vertrauten „Fremden“ und die lebendige Beziehung bleibt auf der Strecke. Wir suchen in dieser individualisierten Welt, in der es an persönlichen Bezügen immer mehr Mangel gibt, jemanden, mit dem wir wirklich intim sein können, dem wir nahe sind und sein können. Deshalb gilt es, sich der Hindernisse bewusst zu sein und immer wieder Räume für Intimität zu schaffen.

♡ Räume für Intimität schaffen

Hier ein paar Anregungen, wie solche Räume geschaffen werden können:

  • Planung und Verbindlichkeit: So unromantisch das klingt aber es ist eine große Hilfe sich Räume und Zeiten für Intimität in unserem Alltag ausdrücklich und verbindlich einzuplanen. Dabei ist es wichtig, dass dies bei beiden eine hohe Priorität hat und der gemeinsame Wunsch besteht, dies umzusetzen. Es sollte also nicht immer der/die gleiche Partner*in, der/die dies in Gang setzt. HIer einige Beispiel für solche kleine bzw. große Events:
    • Ein Gute-Nacht-Kuss
    • Eine gemeinsame Mahlzeit pro Tag
    • Ein Ausgehabend pro Woche
    • Ein Konzert eurer Lieblingsband
    • Ein gemeinsamer Urlaub an den immer gleichen Ort
  • Gemeinsame Erlebnisse: Habt ihr gemeinsame Erlebnisse, von denen ihr die Erfahrung gemacht habt, dass sie euch in jenen intimen Kontakt bringen, den ihr euch wünscht? Diese sorgen dafür, dass ihr wertvolle Zeit miteinander verbringt. Hin und wieder etwas Neues auszuprobieren, erweitert das Repertoire und sorgt für Abwechslung.
  • Vernetzung: Als Paar müssen wir nicht alles alleine schaffen. Indem wir uns vernetzen und auch auf unterstützende Systeme zurückgreifen entlasten wir uns. Eltern könnten zum Beispiel eine/n Babysitter*in engagieren um für einen freien Abend zu sorgen. Auch ein Paarseminar könnte neuen Input von Außen in die Beziehung bringen. Alles Geld, das dafür notwendig ist, ist gut investiert, denn es dient der Zukunftssicherung der Paarbeziehung.

♡ Räume und Zeiten für sexuelle Intimität

Sexualität kann auf Dauer nicht lebendig bleiben, wenn sie nicht eingebettet ist in die umfassende Intimität, in die personale lebendige Nähe der beiden zueinander. Ein bekannter Unterschied zwischen Mann und Frau ist, dass sich das Bedürfnis nach Sexualität bei Männern häufiger meldet und Frauen mehr von der generellen Intimität brauchen, um Lust auf Sex zu bekommen. Dies könnte das Paar kooperativ nutzen: Der Mann sorgt dafür, dass Sex immer wieder stattfindet, von der Frau kommt der Anstoß, es so in das Zusammenleben einzubetten, dass Sex auch eine intime Begegnung wird. Beide nehmen diesen Impuls von der/dem Anderen auf und lassen sich darauf ein.

Wenn es häufig zu selten zu Sex kommt, dann empfinden beide einen Mangel, der Weg zueinander wird immer seltener gefunden und man nimmt sich keine oder zu wenig Zeit für Sex. Ganz schnell befindet man sich so in einer Negativ-Spirale, aus der es schwierig ist, wieder herrauszufinden. Deshalb muss man Sex auch pflegen, er findet nicht „von selbst“ statt.

Sex hat außerdem nicht nur mit dem Reiz des Neuen zu tun. An die Stelle des Neuheitsreizes muss die liebevolle Pflege treten, wofür es wichtig ist, dass man sich als Paar gesicherte, eingeplante, geschützte und ausreichend Zeit dafür nimmt.

Wenn die Partner*innen sich als alles Mögliche sehen (z. B. als Arbeitsteam, Familienorganisator*innen, Vater/Mutter) und nicht mehr als Mann und Frau, dann verlieren sie auch ihre sexuelle Attraktivität füreinander. Es ist wichtig dafür zu sorgen, dass die Partner*innen einander ein lebendiges „Gegenüber“ bleiben. Dabei spielt die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit eine große Rolle: es geht darum, die Eigenständigkeit als Frau und Mann zu bewahren und auszuformen. Dadurch sorgt der/die Einzelne dafür, für den/die Partner*in interessant zu bleiben. Dies kann die Sexualität auch mit ein und demselben Partner*in immer wieder neu inspirieren. Wichtig hierbei ist auch, dass über die Wünsche des/der Einzelnen gesprochen wird. Zu einem umfassenden Kennenlernen gehört auch eine umfassende Intimität.

Falls ihr Lust habt, tauscht nun euer Paper von vorhin und lest die Antworten des/der Anderen durch. Geht dann in den Austausch und beantwortet gemeinsam die Fragen des zweiten Papers, das ihr hier herunterladen könnt.

Wir wünschen euch viel Spaß beim Austauschen, intim sein und euch neu kennenlernen.

Eure Esther und Michi

Quelle:

Buch: Hans Jellouschek: Liebe auf Dauer – Die Kunst, ein Paar zu bleiben

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