Mental Load verteilen – wie und warum?
Mental Load verteilen – wie und warum?

Serie: Teamplay – Wie wir an der Alltagsorga nicht zerbrechen

Quelle: Buch “Raus aus der Mental Load Falle – Wie gerechte Arbeitsteilung in der Familie gelingt” (Patricia Cammarata)

„Man kann nicht gleichzeitig hundertprozentige Berufsfrau, hundertprozentige Mutter, hundertprozentige Partnerin sein… dann wird man ein dreihundertprozentiges Wrack!“ [Renate Schmidt – ehemalige Familienministerin]

Um euch ein wenig auf das Thema einzustimmen, schaut euch doch den nachfolgenden Werbespot an.

Falls ihr den vorhergegangenen Abend „Excel – das Unsichtbare sichtbar machen“ in der Reihe Mental Load gemacht habt, kennt ihr jetzt euren Ist-Zustand in der Aufgaben- und Mental-Loard-Verteilung. Jetzt soll es zuerst darum gehen, Resultate zu ziehen und den Mental Load besser zu verteilen. Im zweiten Teil geht es darum, welche Freiheiten man dadurch gewinnt.
Gleich vorweg: Es geht niemals darum, dass der Mann „eins auf den Deckel bekommt“. Dennoch ist es so, dass in den allermeisten Fällen die Frau die Hauptlast des Mental Loads trägt. Dass das allerdings auch oft auf die Frau selbst zurückzuführen ist, wird heute auch deutlich.
Beantwortet die Fragen, die zwischendrin kommen, ruhig erstmal alleine und tauscht euch direkt im Anschluss darüber aus.

Hier könnt ihr euch die Fragen auch ausdrucken:

Verantwortung loswerden

Falls ihr schon Kinder habt, bezieht diese mit ein und übergebt ihnen Verantwortung für ihre Angelegenheiten wie z.B. die Schule. Es geht nicht darum sie alleine zu lassen, aber sie können durchaus Verantwortung übernehmen. Außerdem kann man den Kindern auch im Haushalt Verantwortung geben. Damit sollte man allerdings im Kleinkindalter anfangen, wenn die Kinder noch Freude daran haben, auch wenn es oft länger dauert, wenn sie einem helfen. Lässt man sie in dieser Phase nicht helfen, wollen sie das später sowieso nicht mehr.
Der Schlüssel allerdings um Verantwortung loszuwerden ist die Abgabe der Verantwortung an den Mann. Warum klappt das aber oft nicht oder ist schwierig? Zum einen kann es daran liegen, dass die Frau ihren Selbstwert aus dem Können verschiedener, eingeübter Dinge zieht. Gibt sie diese nun an den Mann ab, fehlt ihre Quelle des Selbstwerts. Das ist traurig und wir wissen alle, dass wir unseren Wert nicht an unsere Leistung knüpfen sollen. Die Realität sieht manchmal aber anders aus. Zum Anderen hindert das „Schnell-mal-machen“ der Frau den Mann daran, eigene Kompetenzen zu erlangen und Erfahrungen zu machen. Vieles kann die Frau natürlich schneller und fehlerfreier, weil sie es viel öfter gemacht hat.  

1. Welche Dinge mache ich im Alltag „schnell mal“, weil ich sie besser kann und öfter gemacht habe?

2. Welche Gedanken/Gefühle löst die Vorstellung aus, dass diese Aufgabe auch mal von meiner/meinem Partner*in erledigt wird?

Fangt an, euch bei Tätigkeiten abzuwechseln. Das schafft Erleichterung für die eine Person und Verständnis für die andere Person. Dabei ist es wichtig, dass man selbst herausfindet, wie es funktioniert anstatt den/die Erfahrene*n danach zu fragen. So klappt es beim nächsten Mal einfacher. Die/Der geübte Partner*in muss dann aber auch akzeptieren, dass die Dinge anders erledigt werden nach dem Motto „Viele Wege führen nach Rom“.

3. Bei welchen Aufgaben könnt ihr euch konkret in nächster Zeit
abwechseln?

Ein häufiges Phänomen bei Kindern ist das Schreien nach der Mama, die womöglich den ganzen Tag für sie zuständig war. Hier sollten sich die Papas, wenn sie dann da sind, angesprochen fühlen vom Mama-Ruf und den Kindern helfen. Zudem hilft es, wenn auch die Handynummer und Email-Adresse des Mannes hinterlegt wird, z.B. im Kindergarten, in der Schule etc. So trägt auch er die mentale Last mit.
Bei allem ist die Haltung so entscheidend. Der Mann ist kein Hilfsarbeiter, der mit seinem Einbringen der Frau einen Gefallen tun, sondern er sollte sich zuständig fühlen und seinen Teil ausfüllen. Das wird in folgendem kurzen Text deutlich gemacht:

Ich helfe meiner Frau nicht beim Wohnungsputzen, weil ich hier auch wohne und ich deswegen auch putzen muss.
Ich helfe meiner Frau nicht beim Kochen, weil ich ebenfalls etwas essen möchte und deswegen auch kochen muss.
Ich helfe meiner Frau nach dem Essen nicht mit dem Abwasch, weil ich das Geschirr genauso benutze.
Ich helfe meiner Frau nicht mit den Kindern, weil es auch meine Kinder sind und es meine Aufgabe als Vater ist.
Ich helfe meiner Frau nicht beim Waschen, Aufhängen und Einsortieren der Wäsche, weil die Wäsche auch meine und die meiner Kinder ist.
Ich bin zu Hause keine Hilfe, sondern Teil des Haushalts.

Zur Haltung gehört außerdem eine gewissen Wertschätzung und Dankbarkeit für das, was die/der Andere tut.

4. Formuliere einen eigenen „Ich helfe nicht“-Satz aus eurem Alltag.
(z.B. Ich helfe meinem Partner nicht beim Kinder-ins-Bett-bringen,
weil es auch meine Kinder sind, die ins Bett gebracht werden
müssen, sodass ich mich entspannen kann.)
5. Schreibe 3 kleine Alltäglichkeiten auf, für die du deiner/deinem
Partner*in dankbar bist.

Manchmal liegt das Problem und der Konflikt darin, dass wir unterschiedliche Erwartungen bezüglich einer Sache haben. So macht es Sinn, bei einigen Haushaltsarbeiten einen Standard auszudiskutieren. Ein Beispiel: Für den Mann heißt „Küche machen“ das dreckige Geschirr in die Spülmaschine und die Sachen vom Tisch in den Kühlschrank räumen. Für die Frau gehört es noch dazu, den Tisch, den Herd und die Arbeitsplatte abzuwischen und Essensreste zu verstauen.

6. Was ist ein großer Streitpunkt bei euch? Welchen Standard/Soll-
Zustand könnt ihr festlegen?

Bei dem Thema Erwartungen ist es auch noch wichtig, darüber nachzudenken, welche Erwartungen meine*e Partner*in an mich hat. Stimmen diese oder ist es eigentlich unnötiger Mental Load? Auch hier ein Beispiel: Die Frau denkt, dass ihr Mann erwartet, dass das Abendessen um 18 Uhr auf dem Tischt steht, alles tiptop aufgeräumt ist und sie dabei auch noch gut aussieht. Das macht ihr an vielen Tagen sehr viel Stress. Allerdings stellt sich nun raus, dass er das überhaupt nicht erwartet von ihr.

7. Was denkst du, welche Erwartungen dein*e Partner*in an dich
hat?

Bei all der Optimierung und Effizienz ist es wichtig, nicht alles aufzuteilen und Zeit zu sparen sondern dass man auch manchmal Dinge gemeinsam macht wie z.B. die Kinder vom Kindergarten abholen oder gemeinsam den Essensplan für die Woche machen.

8. Wo wollt ihr nicht effizient sein sondern es gemeinsam tun?

Liebe Frauen, lasst die Männer mal alleine mit dem Haushalt und den Kindern. Übergebt Verantwortung. Traut es ihnen zu. Sie werden es schaffen, dabei ihren eigenen Weg gehen. Lasst es zu!

Was geteilter Mental Load besser macht

„Je gleichberechtigter eure Beziehung ist, desto glücklicher sind beide Partner“. Sowohl die Frau als auch der Mann sind entspannter und glücklicher, wenn sie sich den Mental Load teilen. Besonders für Frauen kann ein hoher Mental Load zur Belastung beim Sex führen. Man kann sich kaum fallen lassen sondern denkt an die vielen Dinge, die erledigt werden müssen.

Wer es schafft, seinen Mental Load zu verringen, investiert damit in die Beziehung zum eigenen Kind. Denn Hier spielt Präsenz eine so große Rolle. Man braucht eine gewisse Kapazität um in anstrengenden Zeiten an der Seite des Kindes zu sein.

9. In welchen Situationen hindert dein Mental Load deine Beziehung
zum Kind bzw. Partner*in?

Ich verspiele mein Mitsprachrecht, wenn ich aufhöre mich zu interessieren für die Themen. Erst wenn ich Verantwortung in diesem Bereich übernehme und To-Dos ausführe, kann ich in Diskussionen ernstgenommen werden.

10. In welchen Bereichen hast du/dein*e Partner*in kein
Mitspracherecht, weil du/er/sie nur Hilfsarbeiter*in bist/ist?

Außerdem schafft die geteilte Mental Load Freiheit für einen selbst. Ich bin ersatzbar und kann mir auch mal  einen Krankheitstag erlauben. Der Andere bekommt das dann auch wunderbar hin und wir können als Eltern fortan auf Augenhöher miteinander leben.

Zuguterletzt können wir z.B. unseren Kindern vorleben, dass es keine festen Rollenmuster gibt, die sie bedienen müssen. Wir können ihnen ein Bild von fairer Arbeitsverteilung vermitteln. Bewahrt eure Kinder vor einschränkenden Rollenklischees. Mama steht hinterm Herd und Papa putzt das Auto. Muss das sein?

11. Was wünschst du dir, was eure Kinder Anderen mal über euer
Zusammenleben erzählen? 

Ihr seid jetzt vermutlich schon viel miteinander ins Gespräch gekommen über das Thema und habt mit Sicherheit noch nicht alles ausdiskutiert. Nehmt euch dafür ruhig in den nächsten Tagen nochmal Zeit für. Fasst jetzt gemeinsam zusammen, was ihr für euch mitnehmen und was ihr vergessen wollt.

12. Das bleibt uns positiv im Kopf / Das wollen wir angehen / Daran
wollen wir arbeiten.
13. Das ist völlig uninteressant für uns / Das vergessen wir einfach
wieder.

Wir hoffen, dass ihr gute Gespräche hattet und euch auf den Weg macht, den Mental Load so zu verteilen, dass ihr beide zufrieden damit seid. Denn das ist das Ziel. Es geht nicht darum, alles 50/50 aufzuteilen, sondern es muss für euch als Paar passen. Definitiv ist das Thema Mental Load eines, das euch immer wieder begegnen wird, das man immer wieder neu aushandeln und an dem man dranbleiben muss, da es sehr dynamisch ist. Viel Erfolg dabei, viel Verständnis und Wertschätzung füreinander wünschen euch

Jassi und Simon

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