Balance zwischen Autonomie und Bindung
Balance zwischen Autonomie und Bindung

Balance zwischen Autonomie und Bindung

Serie: 7 Aspekte für dein nächstes Beziehungslevel

Eine gute Balance zwischen Autonomie und Bindung ist wichtig um die Paarbeziehung frisch zu halten und sich dabei trotzdem verbunden zu fühlen. Was versteht man aber darunter? Und wie kann einem das gelingen? Darum geht es in diesem Artikel.

Die Begriffe „Autonomie“ und „Bindung“

Sowohl Bindung als auch Autonomie sind Grundbedürfnisse eines jeden Menschen. Wir sehnen uns nach dem großen Abenteuer, lieben es aber trotzdem, sich geborgen zu wissen.

Die Bindung könnte man mit dem Bild der Wurzel beschreiben: Sie gibt uns Halt, davon können wir zehren, wir haben einen sicheren Hafen – wir fühlen uns angenommen und gestützt. Das Bild der Flügel hilft, den Begriff der Autonomie zu verstehen: Der Drang nach Freiheit, was Anderes zu sehen als sonst, der Wunsch nach Individualität, Selbstverwirklichung und Erfüllung der eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Beides ist wichtig. Auf beides gilt es zu achten. Eine gute Balance zwischen diesen Polen ist wichtig. Aber warum?

Die Notwendigkeit einer guten Balance für die Beziehung

Wenn sich beide auf einen Pol fixieren, z.B. „Wir machen alles zusammen“ schläft die Beziehung auf Dauer ein und wird uninteressant. Macht jede/r nur sein Ding und ist vollkommen autonom unterwegs, gibt es nicht wirklich einen Zusammenhalt und die Menschen werden sich über kurz oder lang wahrscheinlich auseinanderleben. Polarisieren sich die Partner zu extrem, wird es auch zu Unzufriedenheit auf beiden Seiten kommen.

Herrscht ein Mangel an Bindung in einer Beziehung, vereinsamen die Partner, man nimmt wenig Rücksicht auf die/den Anderen, da der eigene Selbstverwirklichungswunsch an oberster Stelle steht. Dabei wird missachtet, dass sich der Mensch am besten persönlich entwickeln kann, wenn er sich tief verbunden weiß. Gerade für Paare mit Kindern ist der Punkt der Bindung wichtig: Die Beziehung zwischen den Eltern sollte immer stärker und emotionaler sein als die zu den Kindern. Sonst führt es nicht nur zum Auseinanderleben der Eltern, sondern es schadet auch der kindlichen Entwicklung und spaltet die Familie.

Mangelt es an Autonomie in einer Beziehung, kann es zur Unselbstständigkeit eines oder beider Partner führen. Die Verantwortung für das eigene Leben wird abgegeben. Autonomie macht außerdem eine Beziehung wieder interessant, inspiriert sie und verleiht ihr frischen Wind. Nicht umsonst heißt es in einem irischen Sprichwort: „Die Liebe ist ein Kind der Freiheit.“

Jedoch ist wichtig zu verstehen, dass es keine „Pauschaldosierung“ für jede Beziehung gibt. Das muss individuell herausgefunden und immer wieder angepasst werden.

Ständiger Wandel von Bindung und Autonomie

Eine gute Balance muss nicht einmalig gefunden werden, sondern steht unter einem ständigen Wandel und muss daher immer wieder neu ausgelotet werden, z.B. in den verschiedenen Phasen einer Beziehung:

  • Verliebtheitsphase: Es ist es wichtig, dass jede/r noch auf sich selbst achtet.
  • Familienphase: Es gilt Gemeinsamkeiten zu finden, Dates zu haben ohne Kinder, Raum für Sexualität zu finden.
  • Nachfamilienphase: Einen Weg in die Selbstständigkeit und sich trotzdem wieder als Paar neu zu finden ohne die Kinder
  • Rentenzeit: Eingespielte Beziehungsmuster können durcheinandergeraten (z.B. durch Krankheit eine/s Partner*in, nur eine/r geht in Rente etc.)

Auch durch persönliche Veränderungen kann sich der Hang zu Bindung oder Autonomie verändern. Plötzliche Ereignisse (Krankheit, Kinder,…) oder einschneidende Erfahrungen beeinflussen uns und unsere Bedürfnisse.

Nicht zu verleugnen ist auch der Einfluss der ersten Lebensjahre auf unser Bindungs- und Autonomieverhalten. Was wurde uns vorgelebt? Wie wurden wir erzogen? Welche Bindung hatten wir zu unseren Eltern?

Das „Rezept“

Wie soll das nun gehen? Wie entsteht eine gute Bindung, die über Jahre erhalten bleibt? Gemeinsame gute und vor allem neue Erlebnisse halten die Beziehung frisch. Sexualität, andauernde Kommunikation auch in turbulenten Zeiten, regelmäßige Paarzeiten und gemeinsame Hobbies oder Projekte stärken die Bindung.

Autonomie hingegen wird vor allem erreicht durch eine gesunde Haltung: „Ich bin ein eigenständiger, unabhängiger Mensch, selbstverantwortlich für mein Leben.“ Es hilft, sich zu überlegen, was man vor der Beziehung gerne gemacht, sich eigene Hobbies zu suchen und Freunde alleine zu treffen. Es heißt aber auch, mein/e Partner*in zu unterstützen bei ihren/seinen eigenen Zielen. Ein Tipp von uns wäre eine gute Absprache, sodass sich niemand benachteiligt fühlt. Wir setzten uns sonntags zusammen und machen einen Wochenplan, aus dem auch hervorgeht, wer was und wann unternimmt. Das schützt uns davor, unterschiedliche Erwartungen zu haben, die dann enttäuscht werden, weil die/der Partner*in etwas für sich macht und man keine gemeinsame Zeit hat. Hier kann man dann auch Paarzeiten bewusst einplanen und trotzdem hat jede/r seine Autonomiezeiten.

Die perfekte Balance

Die perfekte Balance in der Beziehung ist gegeben, wenn es eine enge Beziehung miteinander gibt, jede/r aber ihren/seinen individuellen Freiraum hat. Man hat geneinsam eine abwechslungsreiche Welt, jede/r hat aber trotzdem ihre/seine eigenen Interessen und Aktivitäten. Man kümmert sich um die Beziehung und die/den Partner*in aber auch um Mitmenschen und sich selbst.

Es geht darum, dass jede/r echt, authentisch und anziehend ist für die/den Anderen. So entsteht durch die Autonomie jedes Einzelnen eine Bindung durch gegenseitige Anziehung. Beide fühlen sich in der Beziehung vollständig, müssen sich aber nicht verbiegen und sich der/dem Anderen anpassen.

Tipp: Lest euch gemeinsam den Text durch und beantwortet dann die Fragen des Papers – am besten jede*r erst einmal für sich. Tauscht euch danach gemeinsam über eure Antworten und Gedanken aus.

Paper “Balance zwischen Autonomie und Beziehung”

Wir wünschen euch einen verbindenden Paarabend mit viele gute Gedanken über eure Bindung und Autonomie. Jassi und Simon

Quellen:

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