Sich das Begehren erschließen – wie wir Sex erleben
Sich das Begehren erschließen – wie wir Sex erleben

Sich das Begehren erschließen – wie wir Sex erleben

(Quelle: Veronika Schmidt – Liebeslust: unverschämt und echt genießen, Kapitel 1)

„Wer Sex befriedigend und erfüllend erleben will, muss lernen, mit all seinen Sinnen wahrzunehmen, zu spüren, zu fühlen, zu empfinden.“ (Veronika Schmidt)

Teil 1: Einleitung (ca.15 min)

Hinweis: Lest den Text und beantwortet anschließend jede:r für sich die Fragen. Tauscht euch anschließend darüber aus.

Die menschliche Sexualität besteht aus drei Komponenten:

  1. Die eigene Erotik und erotische Fähigkeiten
  2. Liebesgefühl und sexuelles Begehren
  3. Fähigkeit der Verführung und erotische Kommunikation

Heute liegt der Fokus auf Punkt zwei: Liebesgefühl und sexuelles Begehren. Dabei geht es um die Frage, wie wir uns auf den Sex einlassen können. Sex verbindet, schafft Nähe und ist für das Überleben von langen Beziehungen elementar wichtig. Wie schon beim letzten Thema dieser Serie erwähnt ist Sex nichts, „was einfach passiert“. Wir müssen etwas dafür tun und aktiv werden. Dabei sind hohe Erwartungen oft kontraproduktiv und es wird versucht die Lust von „außen“ zu holen: Sätze wie: „Lass uns viel Sex haben solange ich dich attraktiv finde“ deuten darauf hin, dass statt aus dem eigenen Körper oder der eigenen Fantasie die Lust aus einem perfekten Körper geholt wird. Dabei steckt ein viel größerer Schatz darin, sich und seine:n Partner:in zu erotisieren in dem man lernt, mit allen Sinnen wahrzunehmen:

  • sich mit Blicken ertasten
  • die Stimme des/der Anderen hören
  • den Duft des/der Anderen riechen
  • die Lippen und Haut schmecken
  • einander anfassen und sich von Kopf bis Zeh spüren

Das Ziel ist es, Vertrauen in den eigenen Körper zu erlangen und „loslassen“ zu können. Wenn wir uns also mit dem Thema Sex beschäftigen geht es weniger um die Häufigkeit, bestimmte Sex-Stellungen und sonstige Praktiken – diese sind lediglich Hilfsmittel. Dass wir Sex können ist in allen von uns angelegt. Wie wir es tun ist jedoch abgeschaut, erlernt oder kann erlernt werden. Der Eros (=Sinnlichkeit, Liebeskunst, Sinnenfreude und Hingezogenheit zum Gegenüber) kann über die Wahrnehmung des eigenen Geschlechts und der Erotisierung des anderen Geschlechts eingeübt werden. Dies kann allerdings durch unsere jeweilige Kindheitsprägung oder unseren moralischen Hintergrund gehemmt sein. Entweder direkt durch Botschaften, die sexuelles Lustempfinden als verwerflich oder zwiespältig abtaten bzw. die nie thematisiert wurden oder indirekt, wenn man sich zum Beispiel in der Familie nie nackt gezeigt hatte oder generell ein unentspannter Umgang mit Sexualität herrschte. Viele, die Probleme mit dem sexuellen Lusterleben haben, leiden unter Schamgefühlen oder können sich selbst nicht „als sexuell Erfüllte“ vorstellen. In unserem Körpergedächtnis sind unsere Emotionen und Gedanken gespeichert: war Sexualität eher negativ belegt, so hat dies auch körperliche Folgen. Dies zeigt sich beim Sex durch Anspannung von Muskeln und Gefühlen, was wiederum die Auslösung von Empfindungen hemmt. Dabei braucht die Erregung ein wechselseitiges An- und Entspannen bestimmter Muskelgruppen, einen bewegten Körper (dessen Freiheitsgrad bei Anspannung eingeschränkt ist) und ein emotionales und genitales „Loslassen“. Menschen mit gutem Selbstgefühl sind hierbei deutlich unbefangener und haben vor allem die Möglichkeit, die Kontrolle abzugeben und sich ganz einzulassen.

Wie geht man nun damit um wenn man eine eher einengende Prägung hat?

  • Aneignung von konkretem Wissen wie Sexualität funktioniert
  • ein „erlaubender“ Umgang mit dem Thema Sex
  • wiederholte sinnliche Erfahrungen

Fragen:

Nimmst du den Sex mit allen fünf Sinnen war oder sind deine Gefühle und Muskeln eher angespannt?

Kannst du beim Sex „loslassen“ und dich der Lust hingeben oder fühlst du dich (teilweise) gehemmt?

TEIL 2: Unser eigenes Selbstgefühl (ca. 25 min)

Hinweis: Lest den Text, schaut euch die beiden Videoclips an und beantwortet anschließend jede:r für sich die Fragen. Tauscht euch anschließend darüber aus.

Schön genug

Unser Selbstgefühl beeinflusst, ob wir im Sex loslassen und ihn genießen können. Dabei hängt die sexuelle Zufriedenheit nicht primär von der Attraktivität des Körpers ab, sondern von einem wohlwollenden Blick auf uns selbst. Wir sollten uns gegenseitig das Gefühl geben, okay zu sein. Unser Selbstbild wird von unserem Selbstgefühl und von dem Bild, das wir von außen her von uns selbst gewinnen, geprägt. Ein Kind sollte am Besten von Anfang an einen Spiegel in seinem Zimmer haben um einen lustvollen Zugang zu seinem Aussehen und Körper zu erhalten.

Der Schlüssel ist die Frau

Der Schlüssel für eine befriedigende Paarsexualität ist die Frau. Aber warum ist das so? Zum einenhaben viele Frauen mit ihrem eigenen Geschlecht wenige Erfahrungen gemacht (viel weniger als Männer). Ein positives Bild als begehrende Frau von sich selbst zu haben ist deshalb enorm wichtig. Zum anderen fördert die Prägung aus der Kindheit für Frauen oft eine falsche Scham und Tabus, weil Sexualität in der Erziehung totgeschwiegen wurde. Bei Mädchen wird der erwachende sexuelle Trieb oft vielfach negativ aufgenommen und entsprechend kommentiert. Der dritte Grund ist, dass Männer um einiges einfacher gestrickt sind als Frauen. Frauen haben oft wenig Erfahrung mit ihrem eigenen Geschlechtsteil und sexueller Erregung. Dadurch wird es für sie schwierig, einen Orgasmus zu erleben. Jedes noch so kleine Köperteil ist im Hirn „abgebildet“ –> diese Wahrnehmungen müssen sich entwickeln, indem wir den Körper gebrauchen, berühren, stimulieren und dadurch entsprechende Synapsen im Hirn bilden.

VIDEO-CLIPS: Kurzinterviews mit Veronika Schmidt

Video 1: https://lifechannel.ch/leben/genuss-kultur/tipps-trends/wie-wichtig-ist-ein-gutes-selbstbild-fuer-erfuellenden-sex-videoclip-ratgeberserie/

Video 2: https://lifechannel.ch/leben/genuss-kultur/tipps-trends/die-frau-ist-der-schluessel-zu-gutem-sex-videoclip-ratgeberserie/

Fragen:

Wie zufrieden bist du mit deinem Körper (welches Selbstbild hast du)? Was für Auswirkungen hat dies auf deine Sexualität?

Wie gut kennst du dich und dein Geschlecht? Kannst du benennen was und wo es dir am besten gefällt?

Wie wurdest du in der Kindheit bzgl. Sexualität geprägt?

Teil 3: Selbstliebe und Selbstbefriedigung (ca. 35 min)

Hinweis: Lest den Text, hört euch den Ausschnitt aus dem Podcast an (Minutenangabe siehe unten) und beantwortet anschließend jede:r für sich die Fragen. Tauscht euch anschließend darüber aus.

Selbstbefriedigung ist Teil der Beziehung zu sich selbst, hat nur mit mir selbst zu tun und gehört zur sexuellen Entwicklung  dazu. Kinder und Jugendliche lernen ihren eigenen Körper, wenn es ihnen erlaubt ist, ganz natürlich kennen. Dadurch lernen sie Zärtlichkeit, was die Grundlage für eine erfüllende Sexualität ist. Durch Berührungen kann man den eigenen Körper kennenlernen und herausfinden, was einem gefällt und was nicht. Selbstbefriedigung ist Selbsterfahrung und ein Teil der Selbstliebe. Die eigene Sexualität nicht auszuleben, verleugnet eine gesunde sexuelle Entwicklung. Wenn wir die Quelle für Erregung und Lust in uns selbst aktiv fördern wollen, müssen wir uns am eigenen Körper berühren und uns dabei als erotisch empfinden. Paare können sich gegenseitig helfen, wenn sie offen über ihre Ängste und ihre Scham reden. Es hilft, wenn beide sich gegenseitig die Erlaubnis erteilen, allein auf Erkundungstour zu gehen. Für großen Genuss sollten in der Sexualität viele Körperregionen bewegt, berührt und stimuliert werden. Um herauszufinden, wo wir gerne berührt werden und wo wir gerne berühren, müssen wir mit dem eigenen Körper Bekanntschaft machen und Freundschaft schließen. Die Frau kann durch wiederholtes Stimulieren der Vulva außen und der Vagina innen entsprechende Synapsen der angenehmen, lustvollen Berührung und Erregung im Hirn ausbilden lassen. Wenn der Mann seinen Penis langsamer und sanfter stimuliert, kann er die Weichheit der Vagina imitieren.

PODCAST: Interview mit Veronika Schmidt

Anhören von ca. Minute 23:10 bis 41:06: http://www.liebesbegehren.ch/blog/2019/keine-moeglichkeit-fuer-vortrag-oder-beratung?rq=familylife

  • Selbstbefriedigung als wichtiger Baustein für eine gelungene Sexualität (25:10)
  • Die Verbindung zwischen Selbstbefriedigung und Pornografie (28:05)
  • Wie Männer frei von Pornografie werden können (30:10)
  • Weshalb für Frauen der sexuelle Lernprozess noch schwieriger ist als für Männer (36:10)
  • Selbstbefriedigung in der Ehe (37:26)

Fragen:

Wenn du dich heute selbst befriedigen würdest – würdest du Freude oder Scham dabei empfinden? Warum ist das so?

In welchem Zusammenhang stehen für dich Selbstbefriedigung und Pornografie?

Ist Selbstbefriedigung in der Ehe für euch ein Thema? Wie steht ihr dazu?

Wie oft befriedigst du dich selbst? Bist du zufrieden mit deiner Antwort?

Abschlussfrage: Gibt es etwas, das ihr euch für die kommende Zeit gemeinsam vornehmen wollt? Was könnten konkrete Lernschritte im Bereich „Sexualität“ für euch sein?

Wir wünschen euch einen schönen Paarabend und eine kommende Zeit mit erfüllter und leidenschaftlicher Sexualität.

Esther und Michi

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