Krisen – bedrohende Gefahr oder gewinnbringende Gelegenheit?
Krisen – bedrohende Gefahr oder gewinnbringende Gelegenheit?

Krisen – bedrohende Gefahr oder gewinnbringende Gelegenheit?

Serie: 7 Aspekte für dein nächstes Beziehungslevel

„Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus zwei Schriftzeichen zusammen: Das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit.“ (John F. Kennedy)

♡ Krise: Was ist das? Definition und Begriffserklärung

Eine Krise bezeichnet im Allgemeinen einen Höhepunkt oder Wendepunkt einer gefährlichen Konfliktentwicklung, dem eine massive und problematische Funktionsstörung über einen gewissen Zeitraum vorausging und die eher kürzer als länger andauert. Die mit dem Wendepunkt verknüpfte Entscheidungssituation bietet in der Regel sowohl die Chance zur Lösung der Konflikte als auch die Möglichkeit zu deren Verschärfung. Nimmt die Entwicklung einen dauerhaft negativen Verlauf, so spricht man von einer Katastrophe (wörtlich in etwa „Niedergang“).

Krisen sind notwendig und lebenswichtig für lebende Systeme, zu denen wir Paarbeziehungen rechnen. Es besteht eine Spannung zwischen Stabilität und Veränderung. Einerseits will man seine Identität, eine gewisse Stabilität behalten, wird diese aber zu stark betont droht Erstarrung. Andererseits ist alles Lebendige in Entwicklung und muss sich verändern, um zu überleben. Wird dies zu stark betont, droht Auflösung.

Wir unterscheiden hier zwischen äußeren und inneren Krisen. Die äußeren Krisen sind Lebenskrisen, durch die man als Paar bildlich gesprochen Schulter an Schulter durchgehen kann. Sie bringen das Gleichgewicht einer Paarbeziehung durcheinander und brechen erstarre Strukturen auf. Diese Lebenskrisen können in einer Beziehungskrise enden. Sie lassen sich unterteilen in vorhersehbare Krisen, die notwendig sind, damit Neues möglich wird und Entwicklung weitergeht (= kritische Lebensübergänge, wie die Geburt eines Kindes, wenn die Kinder das Elternhaus verlassen, der Übergang vom Arbeitsleben in den Ruhestand,…) und unvorhersehbare Krisen, die nicht erwartet werden und das Paar unter Umständen wie der Blitz aus heiterem Himmel treffen (z. B. Arbeitslosigkeit, Krankheit, Tod, Probleme mit den eigenen Kindern, ein belastender Jobwechsel,…). Die inneren Krisen hingegen sind Beziehungskrisen, die das Bewältigungspotenzial des Paares herausfordern. Bildlich gesprochen steht sich das Paar gegenüber (face to face). Eine Beziehungskrise kann zum Beispiel eine Außenbeziehung, Diskussionen um Erziehungsfragen oder Aufgabenverteilung sein, keine bzw. eine ungeplante Schwangerschaft, unausgesprochene Wünsche, unterschiedliche Erwartungen, sexuelle Orientierung, die Gewichtung von Zärtlichkeit und Sex oder eine Entfremdung aufgrund unterschiedlicher Interessen sein. Damit eine innere Krise überstanden werden kann, lohnt es sich, Zeit in die Krisenprävention zu investieren.

♡ Krisen-Anzeichen

Der Frosch wird in heißes Wasser geschmissen und er springt sofort voller Kraft und Elan aus dem Topf heraus, denn das heiße Wasser ist für ihn lebensgefährlich! Eine ganz normale und vor allem gesunde Reaktion auf Lebensgefahr. Wenn nun aber der gleiche Frosch in kaltes Wasser gesetzt wird und das Wasser wird ganz langsam erhitzt, dann wird er lahm und träge, der Gewöhnungseffekt sorgt dafür, dass er den Zeitpunkt verpasst an dem er springen MUSS um zu überleben. Stattdessen bleibt er im Wasser sitzen und stirbt ohne sich jemals dagegen gewehrt zu haben.

Das ist ein hilfreiches Bild um zu verstehen, wie wichtig es ist, Anzeichen für eine Krise in unserer Beziehung zu erkennen und möglichst schnell reagieren zu können. Eine Krise ist selten vom einen auf den anderen Moment da, sondern entsteht nach und nach, das Wasser wird erhitzt. Mögliche Anzeichen, dass ihr euch auf dem Weg in eine Krise befindet, könnten sein: fehlende Kommunikation, Desinteresse, Dauerstreit, wenig Sex, Machtkämpfe, fehlender Respekt, keine Geduld mehr, ein Gefühl des Auseinanderlebens, … Da hat wohl jedes Paar seine eigenen „Schwachpunkte“ – welche könnten das bei euch sein?

♡ Hilfen in der Krise

Wenn wir in einer Krise stecken, gibt es verschiedene Möglichkeiten diese zu beleuchten und zu bewältigen. Wenn es wirklich „schlimm“ ist (subjektive Bewertung), dann kann eine externe Person in Form von Beratung/Coaching/Paartherapie wirklich helfen. In unserer Gesellschaft ist leider der Gang zu einer Beratung immer noch stark negativ behaftet. „Was denken denn die Anderen?“ Wir können euch aber nur ans Herz legen, diesen Schritt lieber früher als später zu tun.

Tipp: In einer Krise hat man leider nicht immer den Kopf eine kompetente und sympathische Beratungsperson zu finden (die Chemie muss stimmen). Deshalb könnt ihr euch ja schon in Zeiten, in denen alles rund läuft, auf die Suche nach einer geeigneten Beratungsperson gehen. Manche Berater*innnen haben z.B. eigene YouTube Kanäle, in denen man per Video schon mal einen Eindruck bekommt, ob diese/r passen könnte.

Weitere Möglichkeiten:

  • Telefonseelsorge (hier gibt es verschiedenste Anbieter)
  • Zurück zum Anfang
    • Was waren die Dinge, welche wir am Anfang unserer Beziehung getan haben?
    • Welche Eigenschaften fand ich zu Beginn unserer Beziehung besonders toll an meinem/meiner Partner*in? Schreibe es dir doch einmal auf – in einer Krise kann es helfen, sich dies wieder vor Augen zu führen.
  • Auszeit von der Beziehungskrise in Form einer Pause (Selbst-Reflektion)
  • Raus aus dem Alltag
    • Schon ein Spaziergang im Wald kann die Gedanken neu ordnen
    • Urlaub
  • Reframing Methode
    • Bei dieser Methode nehmt ihr eure Meinung über die/den Partner*in genauer unter die Lupe
    • Dieser Blick lohnt sich vor allem auch dann, wenn wir glauben unsere/n Partner*in schon ganz genau zu kennen. Aber können wir wirklich sicher sein, dass wir mit unserem Urteil über die/den Andere/n Recht haben?
    • Was könnte am Verhalten der/des Anderen sogar gut sein?
    • Oder in welchen anderen Zusammenhängen ist das Verhalten der/des Anderen sogar wunderbar?

Wichtig ist es, dass wir uns in einer Krise auch Zeit lassen mit der Bewältigung. Der Weg hin zur Krise ist oft ein längerer Prozess (manchmal ein jahrelanger), so verhält es sich auch mit dem Weg raus aus der Krise. Also nehmt euch auch die Zeit, die ihr braucht!

♡ Krisen als Entwicklungschance

Schaut euch als Impuls für diesen Punkt einen Ausschnitt aus dem Vortrag von Hans Jellouschek an:

Was die Liebe braucht – Faktoren gelingender Partnerschaft – Hans Jellouschek (Abschnitt beginnt ab 25:10min)

Hier wurden uns zwei Dinge wichtig:

1.) Stellt euch keine Fragen welche die Fronten noch weiter verhärten („Wer ist schuld daran?, „Warum hast du mir das angetan?,…) sondern seht eine Krise als eine Entwicklungschance:

  • „Wozu fordert uns diese Krise heraus – zu welchem Schritt, zu welcher Entscheidung, zu welcher Entwicklung?“
  • „Was ist die Botschaft dieses Krisenereignisses an dich, an mich, an uns?“
  • „Wozu wird dieses Ereignis einmal gut gewesen sein?“

2.) Wir sind nicht vom zynischem Schicksal alleine gelassen sondern von einer wohlwollenden Macht („das Leben meint es gut mit mir“). Darum muss diese Krise einen Sinn haben, den wir nur finden und nutzen müssen, damit unsere Beziehung einen neuen Anfang oder einen guten Weg finden kann. Versucht trotz der schwierigen Situation diese positive Grundhaltung zu bewahren.

♡ Krisenprävention:

Krisen werden sich in einer Beziehung nicht verhindern lassen und bieten die Möglichkeit zur Weiterentwicklung. Eine Krisenprävention kann man also eher als Schutzimpfung verstehen um für Krisen besser gewappnet zu sein (vgl. https://www.paartherapeut-in.de/blog/beziehungskrise-krisen-bewaeltigen/). Dabei ist grundsätzlich alles hilfreich was euch als Paar stärkt:

  • Denkanstöße um an der Beziehung zu arbeiten findet ihr in den Beiträgen zu verschiedenen Themen hier auf paarmanufaktur.de. Gerne könnt ihr euch auch unseren Instagram/Facebook-Kanal abonnieren:

https://www.instagram.com/paarmanufaktur/

https://www.facebook.com/paarmanufaktur/

  • Lasst es ruhig auch mal krachen und tragt kleinere und größere Konflikte aus anstatt sie unter der Oberfläche brodeln zu lassen. Dadurch lernt ihr euch immer besser kennen und lernt, wie ihr gemeinsam mit Beziehungsstress umgehen könnt. Ihr baut dadurch Resilienz auf, was in Krisenzeiten hilfreich sein kann. (Resilienz = Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen.)
  • Sicherheit und Leidenschaft: Ein häufiges Beziehungsthema ist das „Auseinanderleben“ über einen längeren Zeitraum. Das kann daran liegen, dass wir Menschen zwei Grundbedürfnisse haben. Zum einen den Wunsch nach Sicherheit welcher sich in Bindung, Vertrautheit, „Alltag leben“ äußert und der bei Überbetonung zu Überdruss und Langeweile führt. Zum anderen haben wir Menschen das Bedürfnis nach Abenteuer, was sich in Leidenschaft und Reiz des Fremden äußert. Bei Überbetonung führt das zu Angst und Haltlosigkeit. Seid euch dieser zwei Pole bewusst und lasst beiden Bedürfnissen Raum in eurer Beziehung. Das kann zum Beispiel so aussehen, dass ihr darauf achtet eure jeweils eigenen Hobbies, Freunde, Jobs usw. zu pflegen, um damit neue Aspekte von außen in eure Paarbeziehung zu bringen.
  • Vergesst im Alltag nicht Zeiten für euch als Paar einzuplanen, gerade auch dann wenn ihr Kinder habt. Eine Möglichkeit ist die Anwendung der 3-3-3-3-Regel: 3 Minuten pro Tag, 3 Stunden pro Woche, 3 Tage pro Monat, 3 Wochen pro Jahr.

Nun könnt ihr das Paper “Krisen – bedrohende Gefahr oder gewinnbringende Gelegenheit” herunterladen und zunächst die Fragen einzeln beantworten. Tauscht euch danach über eure Antworten aus und macht die Übungen am Ende des Papers gemeinsam.
Wir wünschen euch dabei viel Spaß, gute Erkenntnisse und gute Gespräche – einfach eine gute Paarzeit!

Paper “Krisen – bedrohende Gefahr oder gewinnbringende Gelegenheit” zum Download:

Quellen:

Hans Jellouschek – Wie Partnerschaft gelingt. Spielregeln der Liebe

Hans Jellouschek – Liebe auf Dauer. Die Kunst, ein Paar zu bleiben

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